Stil & Technik

Lebenslange Erfindungslust

David Hockney ist ein begeisterter Maler und erfindet sich als solcher immer wieder neu.

Hockneys Studium entspricht einer traditionellen Kunstausbildung. Das bedeutet: genaue Beobachtung des Motivs, insbesondere Zeichnen von Akten, aber auch Porträts und Stillleben. Die Werke aus Hockneys Studienzeit (1953–1957) wirken entsprechend althergebracht. Doch als virtuoser Maler eignet sich Hockney schnell verschiedene Stile an. Er verarbeitet unterschiedliche Strömungen der Moderne und der zeitgenössischen Malerei, orientiert sich an Henri Matisse oder Francis Bacon und greift die italienische Renaissance ebenso auf wie die ägyptische Malerei.

Stilbrüche

Ein Schlüsselerlebnis ist für Hockney der Besuch der grossen Picasso-Ausstellung 1960 in der Tate in London. Hockney besucht die Ausstellung achtmal und ist begeistert von Picassos Stilvielfalt, die ihn in seiner eigenen Experimentierlust bestätigt. 1962 präsentiert er unter dem Titel Demonstrations of Versatility (Demonstrationen von Vielseitigkeit) an der Young Contemporaries vier Werke in völlig verschiedenen Stilen.

Pablo Picasso, Buste de femme (Jacqueline), Notre-Dame de Vie, 1960, Museum Sammlung Rosengart, Luzern, © Succession Picasso / 2022, ProLitteris, Zurich
Verschiedene Proofs während Hockneys Moving Focus-Projekt, Foto: Kenneth Tyler, Tyler Graphics Ltd., Bedford Village, NY, 1985, © National Gallery of Australia, Canberra, Schenkung Kenneth Tyler 2002

«Ich machte mich planmässig daran zu beweisen, dass ich vier völlig unterschiedliche Arten von Bildern machen konnte, wie Picasso.»

David Hockney, 1965
David Hockney, My Parents, 1977, Öl auf Leinwand, 193 × 183 cm, Tate: Erworben 1981, © David Hockney

Obwohl Hockney die Stilvielfalt pflegt, benennt er stilistische Phasen in seinem Werk klar. So folgt er mit den grossen Doppelporträts aus den 1970er-Jahren einem naturalistischen Stil, auch wenn diese Werke vereinfacht und hochgradig konstruiert gemalt sind. Hockney empfindet die illusionistische Malerei jedoch bald als Falle und wendet sich von ihr wieder ab. Für ihn entspricht das naturgetreue, fotografische Bild nicht der menschlichen Wahrnehmung, die auch von Emotionen oder Erinnerungen geprägt ist.

Tradition & iPad

Hockney pflegt in seinem Werk traditionelle Genres der Malerei: Landschaft, Porträt und Stillleben. Nichtsdestotrotz erfindet er seine Malerei ganz im Sinne seines Vorbilds Picasso immer wieder neu. Mit Neugier und Experimentierfreude wendet der Künstler sich auch neuen Medien zu. In den 1970er-Jahren verwendet er Polaroid-Fotografie, später zeichnet er auf dem iPhone und kauft sich ein iPad, sobald es 2010 auf den Markt kommt. Die Bildsprache dieser Medien verändern seine Werke. Mit Polaroid-Aufnahmen entwickelt er Bilder aus mehreren Perspektiven und die Leuchtkraft der Farben am Bildschirm führt zu kräftigeren Farbtönen in der Ölmalerei.

Vervielfältigung

Auslage von Hockney Werken im Studio von Tyler Graphics Ltd., Mount Kisco, NY, Foto: Kenneth Tyler, © National Gallery of Australia, Canberra, Schenkung Kenneth Tyler 2002

Schon früh in seiner Karriere nutzt Hockney die Druckgrafik. Er veröffentlicht in den 1960er-Jahren die Radierungen Illustrations for Fourteen Poems from C.P. Cavafy und A Rake’s Progress. In den 1980er-Jahren beginnt er die Zusammenarbeit mit dem Meisterdrucker Kenneth Tyler. Gemeinsam arbeiten sie an Lithografien in Tylers Studios in Mount Kisco und Bedford Village, New York.

Lithografie

Die Lithografie ist ursprünglich ein Steindruck. Der Name stammt vom griechischen Wort «Lithos» für Stein. Sie gehört zu den sogenannten Flachdruck-Verfahren. Das heisst: Das Motiv hebt sich nicht als Relief von der Druckfläche ab und ist auch nicht in diese eingeritzt oder eingeätzt. Die Lithografie nutzt das Prinzip der Unvermischbarkeit von Wasser und Öl. Künstler:innen zeichnen beispielsweise mit öliger Kreide auf einen Stein, der danach gewässert wird. Die ölige Druckfarbe haftet so nur an den «fettigen», mit der Kreide behandelten Stellen. Hockney zeichnet für seine Lithografien jedoch nicht auf Stein, sondern auf eine spezielle Folie. Das Bild wird dann via fotografischer Belichtung auf die Druckplatten übertragen. Bei mehrfarbigen Drucken kommt pro Farbe eine Folie zum Einsatz.